Vortrag am MBK zum Thema „Bewegungsmangel bei Kindern und Jugendlichen“ mit guter Resonanz mit Prof. Dr. Klaus Bös – Uni Karlsruhe

Die Fachschule für Motopädie am Märkischen Berufskolleg Unna konnte Herrn Prof. Dr. Klaus Bös von der Universität Karlsruhe zu einem Vortrag mit dem Titel “Bewegungsmangel bei Kindern und Jugendlichen” gewinnen. Der renommierte Sport- und Gesundheitswissenschaftler spitzte seine Aussagen vor seinen über 180 Zuhörern in der Aula des Berufsschulzentrums Nord auf die Formulierung zu “Wir benötigen nicht nur einen Digitalpakt, sondern auch einen Pakt für Bewegung für unsere Kinder und Jugendlichen”. Er begründete diese Forderung damit, dass die Bewegungswelt des Nachwuchses mehr und mehr zu einer Sitzwelt geworden sei und die Kinder immer langsamer, dicker und ungesünder werden. Seine Aussagen belegte er mit Daten aus der Kindergesundheitsstudie des Robert-Koch-Instituts, an der er mit seinen Mitarbeitern im Teilbereich Motorik selbst mitarbeitet. Demnach erreichen lediglich 3% der 17-Jährigen die von der Weltgesundheitsorganisation geforderte mindestens 60 Minuten aktive Bewegung am Tag. Lediglich ein Drittel der 4-17-Jährigen kann noch mindestens zwei Schritte auf einem Balken balancieren. Die Anzahl der Kinder mit Adipositas hat sich in 30 Jahren von 10 auf 20% verdoppelt. Dabei fällt auf, dass sich bei Kindern nach dem Eintritt in die Grundschule der Anteil mit Adipositas bis zum Abschluss der Grundschule ebenfalls verdoppelt. Prof. Bös sieht dafür neben Bewegungsmangel den Konsum hochkalorischer Getränke verantwortlich. Obwohl der Anteil an Kindern mit Vereinszugehörigkeit noch nie so hoch war, wie aktuell, reduzierte sich der nichtorganisierte Bewegungszeit in der Freizeit in den letzten Jahren insgesamt deutlich. Auffallend ist auch, dass Vereinsmitgliedschaften ab dem Übergang in die weiterführende Schule deutlich weniger werden und sich der Pubertätseffekt immer weiter nach vorne schiebt. Prof. Bös konnte in groß angelegten Studien zeigen, dass täglicher Sportunterricht an der Grundschule neben einer Zunahme an Fitness überraschenderweise auch deutliche Effekte auf die die Anzahl aggressiver Verhaltensweisen, auf die Konzentration und auf kognitive Intelligenzfaktoren hat. Seine Forderungen für eine Bewegungswelt, die den kindlichen Gesundheits-, Bildungs- und Entwicklungsbedürfnissen entgegenkommt richten sich an Vereine, Schulen/Kitas, Kommunen und Eltern.

Vereine sollten sich seines Erachtens wirklich für alle öffnen, also auch für nicht an Wettkampf- und Leistungssport Interessierte. Sie sollten früh eine Bindung mit den Kindern und Familien eingehen und das Vereins-Hopping auch durch mehr Kooperation untereinander verhindern. Schulen und Kitas sollten die Kinder durch tägliche, von qualifizierten Fachkräften durchgeführte, Sport- und Bewegungsstunden an lebenslanges aktives Bewegen heranführen. Kommunen sollten sichere Schulwege und attraktive Spielplätze gewährleisten, die auch Herausforderungen für die Kinder bereit halten. Durch oftmals übertriebene Sicherheitsmaßnahmen würden Spielplätze langweilig für die Kinder. Die Eltern sollten Bewegungsvorbilder für ihre Kinder sein und deren Sport- und Bewegungsaktivitäten unterstützen.

In der anschließenden Diskussionsrunde wurden Fragen und Erfahrungen der Zuhörer zum Thema angesprochen. Der Applaus des Publikums aus interessierten Schülerinnen und Schülern des Märkischen Berufskollegs und pädagogischen Berufspraktikern zeigte, dass Herr Prof. Bös mit seinem engagiert vorgetragenen Beitrag einen Nerv getroffen hatte.
Mit der Ausbildung von staatlich anerkannten Motopädinnen und Motopäden, die als Fachkräfte für psychomotorische Körper- und Bewegungsarbeit in vielen Arbeitsfeldern Menschen äußerlich und innerlich in Bewegung bringen bzw. beweglich halten, und mit der Qualifizierung von Freizeitsportleitern im Rahmen der Allgemeinen Hochschulreife, leistet das Märkische Berufskolleg des Kreises Unna schon seit Jahren Beiträge zu mehr qualifizierter und förderlicher Bewegung im Alltag vieler Menschen. So arbeitete die Fachschule für Motopädie in den letzten Jahren auch mit der Stadt Unna gemeinsam im Landesprojekt “KommSport”, dessen Anliegen mehr Bewegung für Grundschulkinder war. Dabei wurde unter Beteiligung der Motopädie-Studierenden auf der Grundlage der Erhebung von motorischen Potentialen und Förderbedarfen der Zweitklässler ein zielgerichtetes Förderangebot im Rahmen des Sportförderunterrichts an den Grundschulen umgesetzt.

Harald Luckert

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